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Wer pilgert schon nach Borna oder Buttelstedt?

Heute, am 11. Mai 2020, habe ich keine Ahnung, wo ich meinen Sommerurlaub 2020 verbringen werde: Die Flugtickets in Kanadas Westen habe ich bereits vor Monaten gekauft, ihre Nutzung scheint angesichts der Corona-Pandemie ausgeschlossen. Selbst an das ebenfalls geplante Hüttentrekking in den Allgäuer Alpen mag ich nicht glauben. Stichwort: Schlafplatz im 40er-Matratzenlager? Mit Mundschutz? – Bei allem Fernweh ist jetzt Gelegenheit, mich meiner Pilgertouren zu erinnern und allen, die gerne zu Fuß unterwegs sind, Pilgerwege vorzustellen – in Mitteldeutschland.

Übersicht der Pilgertouren - (1) Ökumenischer Pilgerweg, (2) Sächsischer Jakobsweg, (3) Via Imperii
Übersicht der Pilgertouren - (1) Ökumenischer Pilgerweg, (2) Sächsischer Jakobsweg, (3) Via Imperii

Der Ökumenische Pilgerweg von Görlitz nach Vacha ist landschaftlich und kulturell abwechslungsreich (Zwischen Neiße und Werra liegen Welten!) und pilgertechnisch sehr gut erschlossen (Ausschilderung, Herbergen, Infomaterial). Das Spektrum der Pilgerherbergen reicht vom Privatquartier mit Familienanschluss (z.B. in Crostwitz), über das Matratzenlager im Gemeindesaal (z.B. in Börln) bis hin zum Quasi-Mittelklassehotel-Standard in Gotha (zum Pilgerpreis!). Besonders attraktive Abschnitte sind die Oberlausitz, die Weinbauregion an Saale und Unstrut, der Rennsteig und die Rhön.

 

Der Sächsische Jakobsweg führt durch Dresden und bietet sich daher auch für Tagestouren an. Weiter verläuft er durch das Erzgebirge und durchs Vogtland. Verglichen mit den beiden anderen Pilgerwegen habe ich den Sächsischen Jakobsweg als etwas – Pardon! - langweilig empfunden. Doch das ist sehr subjektiv! Es hat viel mit dem persönlichen Befinden und den Begegnungen mit Menschen - oder eben Nicht-Begegnungen - zu tun.

 

Die Via Imperii war zum Zeitpunkt meiner Begehung zwischen Leipzig und Zwickau pilgertechnisch (noch) unterentwickelt, was Ausschilderung und Pilgerherbergen betraf. Dennoch: Für Abenteuerlustige und verblichenen DDR-Charme Suchende ist diese Strecke mein besonderer Tipp! (Wer pilgert schon nach Borna?) Landschaftlich reizvoll ist der Weg durchs Altenburger Land, und im thüringischen Altenburg befindet sich unweit vom Marktplatz auch eine der nettesten Pilgerherbergen, die ich auf der Via Imperii kennenlernte.

Die drei Pilgerwege verlaufen aber auch mitten durch die Großstädte Leipzig, Dresden, Chemnitz und Erfurt. Das ist nicht nur schön! - Als ich beim Pilgern das erste Mal die Silhouette von Leipzig sah (das MDR-Hochhaus war gut erkennbar), hatte ich noch mehr als 15 km Fußweg vor mir. Ich lief über flaches Land, durch eintönige Vorortsiedlungen und entlang einer Schnellstraße, die mit Einkaufsmärkten und Werbetafeln gepflastert war.

 

Ich finde: Den Weg so nehmen, wie er ist, gehört zum Pilgern dazu. Das birgt Überraschungen! So den Pop-Art-Altar in Nepperwitz, die Bergarbeiterkneipe in Borna oder ... - Bleibt gespannt!

 

Wissenswertes im Überblick

 

1. Informationsmaterial: Erste Anlaufstelle für Interessierte können folgende Internetseiten sein: www.oekumenischer-pilgerweg.de und www.saechsischer-jakobsweg.de. Die Via Imperii zwischen Leipzig und Zwickau wird vom Verein Jakobsweg Via Imperii e.V. betreut. Derzeit ist keine eigene Website abrufbar, Informationen gibt es unter www.jakobswege-europa.de/wege/via-imperii.htm.

 

2. Den Pilgerausweis erhält man über die die Wege betreuenden Vereine oder im Buchhandel. Er berechtigt zum kostengünstigen Übernachten in Pilgerherbergen. Diese befinden sich in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft.

 

3. Pilgerherbergen: Zum Komfortverzicht und zur Übernachtung in gemischten Mehrbettzimmern muss man bereit sein – oder auf Pensionen ausweichen. Bezahlt wird meist auf Spendenbasis (5-10 EUR pro Person und Nacht sind üblich) oder als fest vorgesehener Betrag.

 

4. Gepäck: Nur das Nötigste in einem 25-30l-Rucksack! Wasserflasche und Schlafsack müssen sein, eine ganz leichte Iso-Matte ist empfehlenswert.