Nein, dies ist kein offener Brief an Raubtiere in der nördlichen Polarregion. In diesem Text geht es um die Ostsee, um Mädels und um Sonntage.
Ende letzten Jahres meinte meine Freundin Christiane, es müsse doch möglich sein, trotz corona-bedingter Schließung der Bäder für unser sommerliches Ostseeschwimmen, die zweieinhalb Kilometer zählende Querung des Rügischen Boddens, zu trainieren. Ihre Lösung hieß: „Winterschwimmen“. Ich war dabei! Allerdings – Planung ist alles – nicht ohne vorher eine erfahrene Winterschwimmerin um Rat gefragt zu haben. Ihre wichtigsten Tipps: Nicht alleine schwimmen gehen, nach dem Abtrocknen sofort in Fleece-Sachen schlüpfen („Vergiss Unterwäsche und BH!“) und mit heißem Tee von innen aufwärmen.
Ein See in der Umgebung war schnell gefunden, und am Tag vor Nikolaus sollte unsere Premiere sein. Leider hatten wir nicht bedacht, dass der See zugefroren sein könnte. Anfängerfehler! Dennoch, der See war mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Also suchte ich mir einen Ast und begab mich in Badeanzug und Trekkingsandalen ins Wasser. Meine bunte Wollmütze mit Ohrenklappen und Bommel behielt ich auf dem Kopf. Mit dem Ast schlug ich eine Schneise ins Eis. Als ich endlich (endlich!) eine Stelle erreicht hatte, die zum Schwimmen tief genug war, waren bereits einige Minuten vergangen. - Wo waren meine Hände und Füße geblieben? - Ich tauchte ein paar Mal unter und schwamm auf der Stelle.
Beim Rauswaten war ich selig vor Glück!
Aus dem Winterschwimmen war ein Eisbaden geworden. Nicht ganz das, was wir vorgehabt hatten. Ein winterliches Training für den sommerlichen Wettkampf kann ich mittlerweile ausschließen. Das wäre nur kostümiert möglich - in Neopren vom Scheitel bis zur Sohle. Doch Eisbaden ist seit mehreren Wochen unser allsonntägliches Ritual. Ich bin geneigt zu sagen: Es ist ein Event! Und: Eisbaden ist eine stimmungsaufhellende Maßnahme, Eisbaden ist ein Mittel gegen Corona-Blues, Eisbaden hat Suchtpotenzial!
„Liebe Eisbärinnen“, so begann eine meiner Nachrichten in einem Gruppenchat von Frauen, die sich dem Winterschwimmen verschrieben hatten. - „Sch..ß Autokorrektur!“ dachte ich beim Lesen, hatte es doch „Liebe Eisbaderinnen“ heißen sollen. Kurz darauf hatte ich die autokorrigierte Anrede ins Herz geschlossen, sie bereichert nun meinen aktiven Wortschatz und erfreut die Empfängerinnen im frostig-vergnüglichen Gruppenchat.